Vom Koch zum Metzger: Daniel Sancho, das Motiv des Mordes und der verzweifelte Kampf zweier Elternpaare
Um den spektakulären Mord auf Koh Pha Ngan ist es ziemlich ruhig geworden. Im Sommer 2023 beherrschte dieser grausame Mordfall die Schlagzeilen rund um den Globus. Verständlich, denn die Tat selbst war äußerst brutal und spektakulär! Ein Mörder aus Spanien, ein Opfer aus Kolumbien und als blutiger Tatort die Traum- und Party-Insel Koh Pha Ngan in Thailand.
Doch auch wenn die beiden direkten Beteiligten längst „ruhig gestellt“ wurden, die Eltern sind im Hintergrund noch sehr aktiv. In diversen True Crime Kanälen spekuliert man bis heute leidenschaftlich über das wahre Motiv von David Sancho. Obwohl die Sache doch eigentlich klar ist, oder? Es wird eine Berufung geben: Wie entscheidet das thailändische Gericht am Ende? Noch immer ist die Todesstrafe in Thailand eine mögliche Option.
Wer war Edwin Arrieta Arteaga?
Als liebevoll, behütet und gebildet lässt sich das familiäre Umfeld von Edwin Arrieta beschreiben. Er wuchs in Kolumbien, Santa Cruz de Lorica als Sohn eines Mechanikers und einer Lehrerin auf. Nach seiner medizinischen Grundausbildung erarbeitete er sich über Jahre hinweg einen Status als renommierter und hoch angesehener plastischer Chirurg. Seine wissenschaftliche Stimme wurde respektiert und gehört. Auf Instagram hatte Edwin Arrieta 35.000 Follower und hier traf er im Dezember 2022 auf den rund 15 Jahre jüngeren, attraktiven Youtube-Koch Daniel Sancho.
Wer ist Daniel Sancho?
Aufgewachsen ist Daniel Sancho als Sohn einer Schauspielerfamilie. Vater Rodolfo Sancho und Mutter Silvia Bronchalo, beide sind bekannte Schauspieler, führen ein erfolgsverwöhntes, luxuriöses Leben in Spanien. In dieser Umgebung wuchs Daniel recht sorglos als Einzelkind heran. Später, 2015, gesellte sich noch eine jüngere Halbschwester aus der zweiten Partnerschaft seines Vaters dazu. Die feine Küche (Daniel Sancho war selbsternannter Koch)gehörte, wie das Surfen und Reisen, zu seinem luxuriösen und schauspielerisch talentfreien Lebens. Immerhin, er kannte sich aus in der Kulinarik und sah verdammt gut aus. Auf einem eigenen Youtube-Kanal kochte er mit professionellem Aufwand und Equipment trendige Gerichte. Doch ließ die öffentliche Resonanz zu wünschen übrig. Vielleicht war es am Ende eine Mischung aus Abenteuerlust, Langeweile und Ziellosigkeit, die ihn im Dezember 2022 online mit Edwin Arrieta zusammenbrachte.
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Geschäftspartner oder Liebespaar?
Die einen sagen so, die anderen so. Wer beide Versionen hört, muss sich daraus letztendlich sein eigenes Urteil (das thailändische Gericht), seine eigene Meinung bilden (all die anderen, die diesen Fall mit Interesse verfolgen). Jedenfalls ging es damals zunächst eifrig hin und her zwischen den beiden. Der Austausch wurde schon recht bald romantisch und die Beziehung immer ernster (nachgewiesen durch die privaten Chats). Edwin ließ David schließlich auch über größere Geldsummen verfügen, unter anderem um David den Start ins Restaurant-Business zu ermöglichen. Edwin Arrieta selbst spielte mit dem Gedanken, in Barcelona eine Klinik zu eröffnen, um seinem neuen Freund nahe zu sein. Doch bevor es dazu kommen sollte, kam David(!) auf die Idee, Edwin für ein paar vergnügliche Urlaubstage auf seine Lieblings-Party-Insel Koh Pha Ngan einzuladen. Gesagt, getan.
Die bekannten Fakten vom "Stückelmord" auf Koh Pha Ngan
Ein schicker Bungalow war gebucht. Am 31. Juli kam David als erster dort an, am Dienstag, dem 1. August 2023 landete Edwin auf der Insel. Eine Street-Cam zeigte beide auf einem Moped. Am selben Abend nach Sonnenuntergang, sollte die berühmte Full-Moon-Party starten. Ist sie dann ja auch, nur ohne die beiden? Zumindest ohne Edwin, denn es gibt Zeugen, die behaupten, David später noch auf der Party gesehen zu haben.
Ab hier wird es ein wenig schwammig. Fakt ist, die beiden blieben im Bungalow und dort soll es dann zu einem Streit gekommen sein. Angeblich, weil Edwin mehr von David wollte, er verlangte, dass David seine Freundin aufgeben solle. Derweil er, also David, die Verbindung zu Edwin als eine geschäftliche wahrgenommen hat.
Im Verlauf des Abends kam es zu einem handgreiflichen Streit im Badezimmer, so gestand David dann gezwungenermaßen, als die Spuren eindeutig vorlagen. Edwin schlug mit dem Kopf auf den Waschbeckenrand auf und rührte sich nicht mehr. David begann, so berichtete er später, im ersten Schock die vermeintliche Leiche zu zerstückeln, um sie auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu lassen. Welch geniale, spontane Eingebung! Besonders, wenn man Stunden zuvor, laut Shop-Kamera, in einem Laden so seltsame Dinge wie Messer, Gummihandschuhe, Reinigungsmittel und -schwämme sowie Müllsäcke gekauft hat. Später fand die thailändische Polizei trotz gründlicher Reinigung noch Spuren von Gewebe, Blut und Haaren des Opfers im Bad. Bei der Autopsie stellte sich heraus, dass nicht der Aufprall auf die Keramik die Todesursache war, sondern ein gezielter erster Schnitt durch die Kehle des Opfers.
Weitere Beweise: David hat am Tag nach seinem „bösen Streit“ mit „unglücklichem“ Ausgang versucht, ein Kajak zu mieten. Wohl um einige Plastiksäcke mit den Leichenteilen im Meer zu versenken. Doch für die Vermietung war bereits zu spät am Tag und dann wieder noch nicht, weil Papas Geld nachhelfen konnte. So die Aussage des Kajak-Vermieters.
Die Aufnahmen einer Street-Cam zeigten David nach der Tat auf seinem Moped mit einer Nike-Tasche. Bei diesem Ausflug ging es wohl darum, die ersten Leichteile auf der Insel zu verteilen.
Salamitaktik und die Stunden danach
Die Familie Arrieta in Kolumbien vermisste Edwin bereits am zweiten Tag seiner Ankunft in Thailand. Sie waren es gewohnt, ständig in Kontakt miteinander zu sein. Kurz nachdem die ersten Leichenteile auf einer Müllhalde gefunden wurden und kurz nachdem David davon gehört hatte, passierte folgendes: David meldet Edwin bei der thailändischen Polizei ebenfalls als vermisst. Danach ging es Schlag auf Schlag, Leichenteile wurden gefühlt überall auf und um die Insel Koh Phangan herum gefunden.
Als man Restspuren im eigentlich gründlich gesäuberten Badezimmer fand, kam sofort das Zugeständnis von David: Ja, es gab einen Streit, er fiel hin und stieß mit dem Kopf auf. Aber ich war eine Geisel von Edwin. Er setzte mich emotional unter Druck, verlangte, dass ich meine Freundin aufgeben sollte. Dabei handelte es sich um eine rein geschäftliche Beziehung! Warum haben Sie die Leiche zerstückelt? - Ich war total geschockt und reagierte in Panik, war nicht mehr Herr seiner Sinne. - So oder ähnlich hieß es dann wohl später im Verhör.
Das wahre Motiv von David Sancho?
Vom Koch zum Metzger? Als Motiv für diesen geplanten Mord, nimmt man an, dass David Edwin einfach loswerden wollte. Und zwar so, als hätte es ihn nie gegeben. Zu viele Verpflichtungen finanzieller und emotionaler Art haben sich inzwischen angehäuft, eine normale Trennung schien ihm nicht möglich. David wollte den Weg freihaben für seine neue Liebe in Spanien.
Die Presse war ganz in ihrem Element
Die Medien verfolgten diesen Fall weltweit, vor allem in Kolumbien, Europa und Thailand. Das öffentliche Interesse war groß und folgerichtig gab es zusätzlich auf diversen Onlineplattformen sowie in den Truecrime Formaten viele Spekulationen und Informationen über diesen ungewöhnlichen Mord. Die Bildzeitung titelte damals in ihrer ihr eigenen charmanten Art: „Lebenslange Haft für YouTube-Koch (30) nach Stückelmord“ und wusste von 17 Leichenteilen zu berichten, Bild war eben wie immer hautnah mit dabei! Im Rest der Pressemitteilungen ist von 14 Plastiksäcken mit Leichenteilen die Rede. Nun ja, letzten Endes vergrößert das die Abscheu vor dieser Tat nur unwesentlich. Auch Focus online fing mehr die Stimmung als die Wahrheit ein, mit ihren Schlagzeilen „Stückelmord-Opfer zahlte 700 Euro für drei Nächte in Luxushotel mit Killer“ und charakterisierte den Mörder treffsicher, mit „YouTube-Koch zerstückelt Liebhaber – im Gefängnis will er besseres Essen“.
Daniel Sancho vor Gericht …
Die ersten Verdachtsmomente erhärteten sich schnell für die thailändische Polizei. Daniel Sancho gestand schließlich Edwin Arrieta getötet zu haben und kam in das Untersuchungsgefängnis auf Koh Samui. Die Urteilsverkündung stieß international auf großes Interesse. Die beiden Eltern waren ebenfalls vor Ort. Immerhin, in Thailand gibt es noch die Todesstrafe! Auch wenn Davids Geständnis nicht den offensichtlichen Vorsatz der Tat enthielt, lautete das Urteil aufgrund seiner Mitarbeit „nur“ lebenslänglich. Der Familie Arrieta musste Sancho eine Entschädigungssumme von 105.000 Euro zahlen.
… und danach
Inzwischen hat David Sancho das zweite Mal Weihnachten im Gefängnis verbracht. Das letzte Mal im Gefängnis von Surat Thani. Hier herrscht ein weitaus raueres Klima für die Insassen als im Gefängnis auf Koh Samui.
Die besorgten Eltern von David klagten über die Hitze, die ihr Sohn erleidet und dass nur ein Besuch in der Woche erlaubt sei, Telefongespräche nur dreimal im Monat. Hinzu kommt die Ungewissheit über den weiteren Haftverlauf, gibt es eine Verkürzung der Haftzeit, eine Verlegung in ein anderes Gefängnis? Beide Eltern wollen in die Berufung gehen.
Derzeit wird auf beiden Seiten an den Argumenten gearbeitet. Von professioneller Seite heißt es, dass die Aussichten auf eine Hafterleichterung sehr gering sind, eher ist Schlimmeres zu befürchten. Noch immer schwebt die Möglichkeit einer Todesstrafe im Gerichtsraum.
Auch die Familie Arrieta hat eine Berufung angekündigt. In den Pressemitteilungen dazu liest man Widersprüchliches. Die Todesstrafe fordern sie nicht, das vereinbare sich nicht mit ihrer Religion. Andere Quellen behaupten, sie fordern die Todesstrafe. Auf jeden Fall verlangen sie eine drastische Erhöhung der Entschädigungssumme. Es beliebt also spannend! Ein Gerichtstermin liegt, Stand jetzt (Anfang 2025), noch nicht fest.
Todesstrafe in Thailand
Insgesamt kommt es in Thailand nur selten zu einer Hinrichtung. Früher wurden die zum Tode Verurteilten erschossen. Seit 2003 wartet eine Giftspritze auf die Todeskandidaten. Die letzte vollzogene Todesstrafe fand im Jahre 2018 durch eine Giftspritze statt. Da ging es um einen besonders grausamen Messermord an einem 17-Jährigen jungen Mann. Im November 2024 gab es eine weitere Verurteilung zur Todesstrafe, die aber noch nicht vollstreckt wurde. Lebenslang heißt in Thailand so lange man lebt. Allerdings besteht die Chance, dass die Strafe nach 25 Jahren wegen guter Führung in eine zeitlich begrenzte Strafe umgewandelt werden kann. Oder es gibt eine Strafminderung, bzw. eine Freilassung durch eine Begnadigung des Königs.
Wer hat hier & heute geschrieben?
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007Lila (Montag, 17 Februar 2025 19:43)
Ich finde es einen der spannendsten true Crime Fällen vom Jahr 2023. Ich halte Daniel Sancho für einen Narzissten und er hat die Tat ganz genau geplant. Eiskalt, wie er redet und sich benimmt.
Sehr guter Beitrag aus Thailand sind wichtige Kriminalfälle bereits gelöst worden. Außerdem finde ich es gut, dass ihr nur ein Bild des Opfers im Artikel habt, da ich finde das gehört sich so. Den Täter kann man ruhig zeigen, der verdient es nicht anders.