Der gewaltsame Konflikt im tiefen Süden Thailands

... und welche Schönheiten dem Urlauber dabei flöten gehen.

Schwerbewaffnete Kommandosoldaten der Thai Armee
Schwerbewaffnete Kommandosoldaten der Thai Armee

Das Konfliktpotenzial

Kaum eine Region tauchte in der Vergangenheit öfters in den negativen Schlagzeilen der Presse auf, als die Region im tiefsten Süden entlang der Staatsgrenze von Thailand zu Malaysia. Die politische Situation entgleiste völlig kurz nach dem Millennium, als der damalige Premierminister Thailands Thaksin Shinawatra mit einer Politik der „Starken Hand“ den rumorenden Konflikt der moslemischen Thaibürger dort zu befrieden versuchte. Anstatt sich mit den Problemen der Bürger dort zu befassen, entsendete er schwer bewaffnete Soldaten und Polizisten in die Krisenregion und begann einen blutigen Kampf.

Die betroffenen Südprovinzen waren kein historischer Teil Thailands, erst eine Unterwerfung und Eroberung des Königreiches von Pattani in den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts, brachte die umstrittene Region in den Einflussbereich der Könige von Siam. Der Britisch-Siamesische Staatsvertrag von 1909 sah dann vor, dass die auf heutigem malayischen Gebiet liegenden Nordstaaten Malaysias der Englischen Kronkolonie zugeschustert werden und Thailand die Provinzen Narathiwat, Yala und Pattani behält. Dort waren die Bürger übrigens moslemischen Glaubens und sprachen Yawi, eine malayische Form von Arabisch.

Die damaligen Herrscher scherten sich wenig um die alte Kultur der Einwohner und diese wurden (wie auch andere Kulturen im Land) zwanghaft „thaifiziert“. An den Schulen durfte nur noch Thai verwendet werden und die Obrigkeit der Orte und Regionen bestand aus herbefohlenen Gesandtschaften aus Zentralthailand. Lehrer und Mönche wurden umgesiedelt und die waffentragenden Ordnungbehörden sorgten für „Thainess“ im ganzen Lande. Der Buddhismus war die deklarierte Staatsreligion, aber damit erklärten sich die Jünger Allahs im Süden nicht unbedingt einverstanden.

Die morgendlichen Almosensammler der Buddhisten bekamen hier ihr Futter aus den Feldküchen der Garnisonen, denn die täglichen Bettelwanderungen waren nicht immer vom erwünschten Erfolg beseelt. Garnisonen in der direkten Nähe von sakralen Zentren der Buddhisten, hatten außerdem einen Schutzcharakter für die unbewaffneten Mönche.

Wie definiert sich der tiefe Süden?

Das sind erstmal die Provinzen Pattani, Yala und Narathiwat und zusätzlich noch Satun und Songkhla. Songkhla war die historische Pufferzone zwischen den Kulturen, der südliche Bereich der Provinz gestattete ein relativ friedliches Nebeneinander über viele Generationen hinweg. Südlich dieser Demarkationslinie befand sich das wirkliche Armenhaus Thailands, nirgendwo im Königreich hatten die Menschen ein kargeres Leben zu fristen. Der Fischfang war entlang der Küsten zwar ertragreich, wurde aber zunehmend von thaichinesischen Geschäftsleuten (aus Hat Yai und Bangkok) kontrolliert und Erträge exportiert. Der Tourismus kam nie wirklich voran, obwohl es ganz bestimmt nicht an herrlichen Stränden und einzigartigen Landschaften mangelte.

Warum entbrannte der schwelende Konflikt in einen Bürgerkrieg?

Der ständigen Unterdrückung müde, verschafften sich die Einwohner dort Gehör. Mit Vehemenz und Unterstützung der reichen Malays an der Südgrenze, kam es um den Jahrtausendwechsel erstmals zu zaghaften Versuchen von Mitbestimmung und einer gewissen Autonomität der Region. Das machten sich gewaltbereite internationale Jihadisten zu Nutze und motivierten hier überwiegend jüngere Moslems zum offenen Schlagabtausch mit den Behörden und Ordnungsorganen der Thais.

 

Im Januar 2004 überfielen unbekannte Jihadisten dann ein Waffendepot in Narathiwat und erbeuteten über 400 Maschinengewehre und die Munition dafür, die Anschläge nahmen in der Folge dann exponential zu. Den vier Wachoffizieren des Depots, die bei dem Anschlag massakriert wurden, sagte Thaksin übrigens noch nach: „Die haben den Tod verdient gehabt, weil sie wohl nicht aufgepasst haben!“ Bombenanschläge in rascher Folge auf Armeestützpunkte, Polizeistationen und öffentliche Märkte, ließen die Opferzahlen rasch anschwellen. Banken und Shops wurden zerbombt, Lehrer vor den Augen ihrer Schüler hingerichtet und es gab täglich neue Horrormeldungen in der Tagespresse.

Die Insassen eines Reisebusses wurden überfallen und enthauptet, Personenzüge beschossen und Gleise zerbombt. Seit dieser Eskalation der Gewalt sind ungefähr 6.000 Leute Anschlägen zum Opfer gefallen. Keine Verbindungsstraße gibt es ohne schwerstbewaffnete Kontrollstellen, gepanzerte Armeefahrzeuge patroullieren die Innerortsbereiche. Fast überall befindet sich ein Zivilist im Fadenkreuz von Ordnungshütern auf den Dächern oder in den verschanzten Straßensperren. So viele Kriegswaffen sind dem Thailand-Spezialisten Reportteam noch nirgendwo begegnet, sie sind quasi allgegenwärtig.

23. Februar 2012: Bombenexplosion an der Samukkee School in Yala.
23. Februar 2012: Bombenexplosion an der Samukkee School in Yala.

Nimmt das denn nun ein Ende?

Nein, denn die grundlegenden Voraussetzungen für einen dauerhaften Frieden sind noch nicht geschaffen worden. Hier regiert die Gewalt und jede Gewaltaktion bedingt Gegenreaktionen der Hardliner. Die „Thaifizierung“ hat hier komplett versagt und kostet weiterhin wöchentlich das Blut unschuldiger Zivilisten. Es bleibt zu hoffen, dass den internationalen Jihad-Kriegstreibern das Handwerk gelegt wird und die Thaikräfte eine Politik der Deeskalation umsetzen. Es reicht nicht aus, die erschlagenen oder hingerichteten Lehrer ständig durch Neue zu ersetzen. Der tägliche Dienstweg unter schwerbewaffnetem Polizeischutz zur und von der Schule hat auch schon Hunderten von Lehrern und Eskortbeamten das Leben gekostet. Bürger hier möchten nicht thaifiziert werden und ihre alte Kultur pflegen dürfen, die permanente Unterjochung schafft nur mehr Hass und Gewaltbereitschaft. Hier möchten die Bürger Ramadan feiern und Eid-al-Fitr, nicht den zwangsverordneten Loy Krathong oder Songkran.

Was verpassen die Touristen dort denn?

Die schönsten und längsten Festlandstrände Thailands am Golf mit zeitversetztem Monsunregen (Dezember und Januar), weitestgehend unberührte Nationalparks und Waldgebiete mit einzigartiger Fauna und Flora. Wilde Sümpfe mit den seltensten Reptilien, eine interessante Lokalküche und eine reichhaltige Kultur beim Bootsbau, Hausbau und handwerklicher Kleinkunst. Nicht zuletzt, die normalen Menschen hier sind extrem freundlich und hilfsbereit. Der anhaltenden Befriedung folgend, könnte hier vom Potenzial her ein touristischer Hotspot entstehen, welcher etablierten Destinationen sehr schnell den Rang abnehmen würde.

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