Anziehender Magnet für Manche, abstoßender Sündenpfuhl für Andere | Pattaya ist so berüchtigt wie beliebt bei männlichen Urlaubern
Kaum ein anderer Küstenort im Königreich durchlebte eine ähnlich rasante Entwicklung, wie das Fischerdorf Pattaya zwischen Chonburi und Sattahip. Bis in die 60er Jahre lebten die Einwohner hier vom Fischfang und bestellten ihre Felder mit der Hilfe von Wasserbüffeln. Der Ort galt als tiefste Provinz und war nur unzulänglich an das Straßennetz Thailands angebunden.
Die Elektrifizierung der Dörfer hatte Pattaya gerade erst erreicht, als der Zufall die amerikanische Luftwaffenbasis U-Tapao auserwählte, um den B-52 Bombern der Air Force Pendelflüge über Vietnam zu erlauben. Mit verlängerten Runways war U-Tapao in den 60er Jahren zu einem Resupply-Anlaufpunkt der schweren Bomber geworden und nun konnte vietnamesisches Territorium bei Pendelflügen (nach z.B. dem Stützpunkt Clark AFB auf den Philippinen) auf dem Hin- und erneut auf dem Rückweg bombardiert werden.
Die extralangen Runways eigneten sich auch für Truppentransportmaschinen und U-Tapao erblühte als sogenannter R & R Anlaufpunkt für amerikanische Soldaten aus der Konfliktzone Asiens. U-Tapao war nur knapp 90 Meilen (144,84 km) südöstlich von Bangkok und etwas über 25 Meilen (40,23 km) von dem Küstenort Pattaya entfernt.
Naherholung für Frontkämpfer aus Vietnam
Tausende der kämpfenden Soldaten wurden für einen Kurzurlaub von der Front hergeflogen. R & R heißt „Rest and Recreation“, aber sinngemäß bedeutet es dem US-Sodaten eher „Wein, Weib und Gesang“.
Ein Fischerdorf ist Pattaya die längste Zeit gewesen, wurde aber in kürzester Zeit zum bestbesuchtesten Rotlichtbezirk des Königreiches. Sehr schnell gab es GoGos und Beerbars, leicht bekleidete Mädchen und junge Soldaten mit Erlebnisdrang.
Die Bordelle von Pattaya hatten rund um die Uhr geöffnet und Mietmädchen aus den ärmeren Regionen des Landes zog es hierher, wie die Motten der Nacht an eine kräftige Glühbirne.
Die Dollars strömten nur so in den Ort und hier lebte es sich in Saus und Braus. Echte Touristen gab es nicht wirklich hier, die flogen lieber in friedlichere Gegenden und Thailand stand noch gar nicht in den Prospekten der Reiseveranstalter.
Mitte der 70er Jahre galt der Vietnamkonflikt für die Amerikaner als verloren und das Fischerdorf hatte sich zum neonglitzernden Sündenpfuhl entpuppt. Als die Amerikaner dann kurze Zeit später ihre Militärbasen den Thais übergaben und ihr Personal schrittweise abzogen, da war es bitter um das Auskommen der Gastronomen, Mietmädchen und Hoteliers bestellt. Es gab keine Kundschaft für das Angebot und bei den Thais war das berüchtigte Großbordell an der Golfküste verpönt.
Das "Käufliche-Liebe-Mekka" mit Imagedrang zum Urlaubsort
Findige Reiseveranstalter sahen ihre Chance zum großen Jackpotgewinn und überredeten westeuropäische Bürger der Wirtschaftswunderländer zum Billigurlaub am paradiesischen Golf von Thailand. Don Muang wurde zur wichtigsten Einflugschneise und die Passagierluftfahrt erlebte zeitgleich eine sehr angestiegene Nachfrage nach wettersicheren Urlaubsorten. Billiger Treibstoff für die Flugzeuge in Bangkok und preiswerteste Hotels für die Urlauber direkt am Strand in der Nähe, schufen die Voraussetzungen für die Pauschaltouristen der frühen 80er Jahre. Für die Hoteliers war das toll! Anstatt der stundenweise Vermietung der Zimmer an Soldaten für ein paar Dollar, gab es nun Mark, Schillinge, Franken, Gulden und Pfunde gleich für eine oder zwei Wochen der Belegung. Den Mietmädels verschafften die neuen Klienten Atempausen, waren diese doch im Durchschnitt erheblich betagter und auch deutlich weniger durchtrainiert. Verschleißmindernd wollten diese oft nur Girlfriedkoitus, bezahlten die Barfine gleich für ein paar Tage und waren viel spendabler, als die Gis.
Pattaya wuchs in dieser Phase enorm an. Während früher nur die Beachroad besiedelt war und die Second Road eine Art von Niemandsland für Einheimische markierte, explodierte der Marktwert der
Randgebiete nun gleich mit. Irgendwann bemerkten die Behörden dann, dass Rotlicht nicht zwingend eine attraktivere Schar von Touristen anzieht. Die neue Touristenorganisation TAT (Tourism
Authority of Thailand) bemühte sich redlich darum, das Image von Pattaya in die Richtung der reicheren „Qualitätstouristen“ zu lenken. Aufwändig gestaltete Glanzbroschüren konnten aber den
Insider nicht über die Realität täuschen.
Die TAT Obrigkeit (von Kennern der Szene TATteriche
genannt), lehnte sich sogar so weit aus dem Fenster und bezeichnete Pattaya als feine Familiendestination für Urlauber mit Kindern.
Bad Thaya ist kein Kurort, sondern eine Verballhornung von Pattaya.
Wer die rosarote Brille nicht auf der Nase hat, der erkennt aber auch schnell die wenigen Vorzüge der Stadt Pattaya. Mittlerweile zu einem großen Moloch mit Millionenstadtcharakter angewachsen, hat Pattaya sicherlich Einiges zu bieten. Es sind aber nicht die pflegebedürftigen Grobsandstrände, sondern feudale Hotels der Mehrsterneklassen mit Poollandschaften und gepflegtem Gastronomieangebot. Shoppingzonen der Sonderklasse sind obendrin im ganzen Stadtgebiet verbreitet. Lukullische Feinschmeckertempel gibt es in einer breit gefächerten Vielfalt und Entertainmentattraktionen buhlen nun um die Aufmerksamkeit der Urlauber.
Natürlich gibt es das allgegenwärtige Treiben und den Neonglanz weiterhin sehr transparent, auch der Nepp und Scams jeder Art kommen hier ständig zu neuen Blütephasen. Erlebt haben sollte man SIN-City schon einmal, aber der Besuch dort hat für viele eher den Charakter einer Zoobegehung. Pattaya für thaitypisch zu halten wäre in etwa so verkehrt, wie die Reeperbahn zum deutschen Vorzeigeziel zu machen.
© Autor & Fotograf | Michael Schaller, Gründer von Thailand-Spezialisten.com
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