Colin Cotterill – Lesetipp für Asien- und Krimifans

Bekannt geworden ist Colin Cotterill durch den Buchzyklus „Dr. Siri Paiboun“, der in Laos spielt und die Buchreihe um „Jimm Juree“, einer liebenswerten Kriminalreporterin in Thailand.

Colin Cotterill  - Krimiautor
Colin Cotterill - Krimireihe mit Schauplatz in Thailand und Laos

Die Romane um Dr. Siri und Jimm Juree haben die Krimi-Welt im Sturm erobert. Ihr Autor Colin Cotterill ist ein waschechter Londoner – doch die Metropole konnte den Globetrotter nicht lange halten. Nach seinem Studium auf Lehramt zog es ihn hinaus in die große weite Welt – auf eine Reise, die so schnell nicht mehr enden sollte. Er unterrichtete Sport in Israel, arbeitete an einer Universität in Japan und unterstützte Lehrer in Amerika im Umgang mit behinderten Kindern. Schließlich zog es in nach Südostasien, wo er in einem thailändischen Fischerdorf nach vielen Jahren unterwegs, ein wirkliches Zuhause finden sollte. 

Als Autor wurde Cotterill, der schon zahlreiche Publikationen auf seinem Schriftstellerkonto hatte, erst durch seine Buchreihe um Dr. Siri bekannt. Die Geschichten um den schrulligen Kriminalpathologen aus Laos sind witzig, überraschend anders und gewähren Einblicke in ein Laos, dass man garantiert nicht kennt.

 

Und auch seine zweite Buchreihe um die etwas chaotische Kriminalreporterin „Jimm Juree“, die in Thailand spielt, ist unter Krimi-Fans eingeschlagen wie eine Bombe. Seine Schreibe ist frisch und folgt nicht unbedingt immer den klassischen Krimi-Plots – aber genau das macht sie auch so besonders. 

Der Weg zum Erfolg

Colin Cotterill
Colin Cotterill

Für Colin Cotterill stand schon immer fest: Er wollte anderen Menschen helfen. Kein Wunder also, dass er sich dafür entschloss, Lehrer zu werden. Doch immer nur im tristen, regnerischen England? Nicht mit Cotterill, der nach dem Studium beschloss, auf Weltreise zu gehen. Seine Trips führten ihn nicht nur nach Amerika, Australien, Japan oder Israel, sondern auch nach Südostasien.

 

Eine Zeit lang lehrte er andere Lehrer in Thailand und an der Grenze Myanmars und lebte danach für einige Jahre in Laos. Dort entwickelte und produzierte er ein Sprachprogramm namens „English by accident“, welches für das thailändische Fernsehen umgesetzt wurde.


Bei seinen Aufenthalten in Südostasien bekam Colin Cotterill immer wieder hautnah zu sehen und zu spüren, wie schwer es gerade die Kinder in den ärmeren Gegenden haben. Er arbeitete für die UNESCO und vor knapp 15 Jahren entschloss er sich, seine eigene Organisation zum Schutze der Kinder in Phuket zu gründen. Nachdem er sich zwei Jahre lang intensiv mit dem Thema Kindesmissbrauch auseinandergesetzt hatte, schloss er sich ECPAT an, einer internationalen Kinderschutz-Organisation, die sich gegen Kinderprostitiution- und Pornografiestarkmachen.

 

Auch in seinen Romanen fließen solche Themen immer wieder mit ein, vor allem die beiden Titel „Evil in the Land Without“ und „Pool and its role in Asian Communism“ beschäftigen sich stark mit den Themen Kinderrechte.

Heute nutzt Colin Cotterill die Popularität von Dr. Siri und Jimm Juree dafür, sich weiterhin für die Kinder stark und auf ihre Sorgen aufmerksam zu machen. Er sagt selbst von sich, dass es ihm immer darum ging, den Menschen in Südostasien ein Sprachrohr zu bieten, ihre Sichtweise zu präsentieren und Einblicke in die komplexen Strukturen zu geben. Und das mit einer Portion Sarkasmus, Augenzwinkern und gewürzt mit einer kleinen Prise Übersinnlichem – denn der Glaube an das Übersinnliche, die Kommunikation mit verstorbenen Geistern und spirituelle Riten gehören zur asiatischen Kultur genauso dazu wie der tägliche Reis zum Essen.

 

Neben seiner äußerst erfolgreichen Arbeit als Romanautor schreibt Cotterill auch Kolumnen für renommierte Blätter wie zum Beispiel die Bangkok Post und geht zudem seiner zweiten Leidenschaft nach: der Arbeit als Cartoonist. 

Die Jimm Juree Reihe

Jimm Juree ist eine Kriminalreporterin – und nicht besonders erfolgreich. Als sie mitsamt ihrer gesamten, herrlich skurrilen Familie in ein verschlafenes Dorf in der thailändischen Provinz zieht, ändert sich das jedoch schlagartig.

Mit der Jimm Juree Reihe ist es Cotterill gelungen, ein liebevolles Abbild der typischen thailändischen Familie zu schaffen, turbulent und chaotisch, respektvoll und doch unglaublich authentisch, dass einen sofort in seinen Bann zieht und so manchen Thailand Urlauber sofort wieder zurückversetzen wird.

Das erste Buch der Reihe „Der Tote trägt Hut“ kam in Deutschland im Juli 2013 raus (Original: Killed at the Whim of a Hat“; 2011). Im Erstlingswerk über die Kriminalreporterin glaubt Jimm Juree, dass ihre Karriere mit dem Umzug von Chiang Mai im Norden in eine thailändische Provinz im Süden endgültig vor dem Aus steht – doch schon bald darauf gerät sie mitten in eine Verkettung mysteriöser Geschehnisse. Erst stoßen Einheimische zufällig auf einen vergrabenen VW-Bus mit zwei unheimlichen Skeletten und dann wird auch noch ein Mönch des örtlichen Wats brutal ermordet.

Jimm Juree hofft auf eine Story, die ihrer Karriere den Boost verleiht, den sie so dringend benötigt – doch ohne die Hilfe ihrer exzentrischen Familie wäre die quirlige Mittdreißigerin dabei wohl aufgeschmissen.

 

Und auch im zweiten Teil der Reihe, „Ein Kopf macht noch keine Leiche“ wird ein Mord auf eher vergnügliche Art und Weise beleuchtet. Nachdem Jimm Jurees Familie ein fast schon verfallenes Hotel übernehmen, stößt Jimm bei einem Spaziergang am Strand einen Männerkopf – doch der Rest des Körpers ist weit und breit nicht zu sehen. Im englischen Original ist dieser Krimi unter dem Titel „Grandad, there’s a head on the beach“ im Jahr 2012 erschienen.

 

In Cotterills neuestem Band der Reihe, „Mit Axt, Charme und Melone“ (The Axe Factor) nimmt sich der erfolgreiche Autor selbst ein wenig auf die Schippe. Denn seine Heldin Jimm Juree muss, um ihre spärlichen Brötchen zu verdienen, mit einem Interview für ein Lokalblättchen vorlieb nehmen – ihr Interviewpartner? Der super-erfolgreiche englische Krimi-Autor Conrad Coralbank! Als plötzlich mehrere Frauen – unter anderem auch die Coralbanks Gattin – spurlos verschwinden, findet sich Jimm Juree einmal mehr inmitten einer aufregenden Story, die sie versucht mit Hilfe ihrer liebenswerten Sippe rund um Opa Jah und Mama Mair, zu lösen.

 

Während die Dr. Siri-Bücher einen oftmals bitteren und abgeklärten Blick auf die Entwicklungen in Laos werfen, zeichnen sich die Jimm Juree Bücher durch ihre Leichtigkeit und Charme aus. Wer schon einmal einen Strandurlaub in Thailand verbracht hat, wird sich sofort in dem Setting wiederfinden – und wer noch nie hier war, wird sofort eine Thailand Reisen buchen wollen. Man merkt, dass Cotterill Land und Leute wie seine Westentasche kennt und glaubhaft das thailändische Leben auf Papier zeichnen kann.

Die meisten Krimis mit Schauplatz Thailand konzentrieren sich häufig auf Verbrechen im Rotlichtmilieu, meist in Pattaya oder Bangkok und sind meist ein wenig düster. Bei Colin Cotterill erwartet einen leichter Lesespaß, der sich perfekt für ein paar vergnügliche Stunden unter Palmen eignet. 

Die Dr. Siri Reihe

Dr. Siri ist eigentlich ein pensionierter Gerichtsmediziner und Kriminalpathologe im Laos der späten Siebziger Jahre. Doch als im gerade kommunistisch gewordenen Land die meisten Gerichtsmediziner ihre Chance genutzt haben, über den Mekong gen Thailand zu flüchten, bleibt dem rüstigen Rentner wohl oder übel nichts anderes mehr übrig, als aus seinem wohlverdienten Ruhestand zurückzukehren, denn er wird zum einzigen Pathologen des Landes ernannt.

In seinem ersten Fall bekommt es Dr. Siri nicht nur mit einem, sondern gleich zwei mysteriösen Fällen zu tun. Die Gattin eines hohen Parteibonzen stirbt plötzlich bei einem festlichen Bankett und in einem See werden drei tote Männerleichen gefunden.

 

Der Pathologe muss mit hoffnungslos veralteten Lehrbüchern und einer noch schlimmeren Ausrüstung versuchen, die Fälle zu lösen und erhält dabei Hilfe von seiner Assistentin (und der guten Seele seines Labors) Dtui und seines an einer schwachen Form des Downsyndroms leidenden Sekretärs Herrn Geung. Doch die Dr. Siri-Buchreihe zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie die ausgelatschten Pfade der Kriminalromane verlässt und vollkommen neues Terrain betritt. Gespickt mit einer kleinen Prise Übersinnlichem – in besonders vertrackten Situationen erscheinen Dr. Siri die Geister der Opfer im Schlaf, um ihm einen Tipp auf ihren Mörder zu geben –löst er so Fall um Fall.

 

Mittlerweile gibt es neun Bände aus der Reihe um Dr. Siri Paiboun und sie alle zeichnen sich durch die feinsinnige Beobachtungsgabe, wahnsinnig viel Wortwitz und eine gehörige Portion Gesellschaftskritik aus. Mit dem 72-jährigen Dr. Siri hat Colin Cotterill eine Romanfigur geschaffen, die aufgrund ihres Alters (welches in der asiatischen Gesellschaft extrem respektiert wird) vieles aussprechen kann, was andere so nicht dürften. Dabei wird Cotterill allerdings niemals arrogant oder abwertend gegenüber Laos - im Gegenteil. Er schafft es, einen Einblick in das chaotische Laos nach dem Umsturz zu geben, der sowohl realistisch als auch authentisch ist.

In einem Interview mit dem Magazin Focus sagte Cotterill einmal, dass die Welt abseits von Südostasien kaum etwas über das Leben dort weiß. Es lag ihm besonders am Herzen, die Welt über die Zustände dort aufzuklären und die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Und um mehr Menschen zu erreichen, war ihm klar, dass er ein größeres Publikum brauchte – und Autoren sind meist Personen, denen andere gerne ihr Ohr leihen. So sind die Dr. Siri-Bücher nicht nur exzellente Kriminalfälle, sondern gleichzeitig auch amüsant verpackte, kleine Geschichtsstunden, die uns dabei helfen, die asiatische Kultur ein bisschen besser zu verstehen. 

Das Books for Laos Programm

Colin Cotterill setzt sich seit über 15 Jahren für den Schutz von Kindern und ihre Rechte ein. Sei es durch seine Mitwirkung bei ECPAT, seine Arbeit für UNESCO oder sein Engagement für Opfer von Tretminen, die sich in Laos vielerorts immer noch in Massen verbergen.

Das Books for Laos Projekt ist ebenfalls etwas, was Cotterill besonders am Herzen liegt – und alles begann mit einem Besuch in Luang Prabang, wo ein kleines Mädchen den Autor nach Geld für Süßigkeiten anbettelte. Doch Cotterill wollte dem Kind ohne die Erlaubnis der Mutter nichts Süßes kaufen und so lief die Kleine zu ihrer Mama, kam kurz darauf zurück und sagte: „Dann kauf mir doch ein Buch!“ Cotterill war so überrascht, dass er gemeinsam mit dem Kind zu einem Buchladen ging, doch nirgends, auch in vier anderen Läden, gab es auch nur ein einziges Kinderbuch zu kaufen.

 

Kein Wunder: In Laos gelten Bücher im Normalfall als teurer Luxus und viele Dorfbewohner hatten noch nie eines in der Hand! Und so kam es, dass Colin Cotterill anfing, Bücher zu organisieren und zu verteilen. Das Books for Laos Projekt ist keine NGO, sondern vielmehr eine Gemeinschaft aus vielen verschiedenen Projekten, die gemeinsam für die Verbreitung von Büchern sorgen, Stipendien für Schüler organisieren und Lehrer ausbilden.

 

Man kann nur sagen: Colin Cotterill weiß, wovon er schreibt, und er schafft es einen mit seinen humorvollen Büchern von Dr. Siri, Jimm Juree und seinen anderen Helden auf Reisen nach Südostasien mitzunehmen und mitzureißen. Wer einmal ein Buch von ihm in den Händen gehalten hat, wird sicherlich nie mehr eines verpassen wollen. Für Thailand-Fans ein absolutes Muss und eines der ersten Dinge, die im Koffer landen sollten, bevor der Flieger in den Thailand Urlaub abhebt und man sich unter Palmen in seinen turbulenten Geschichten verliert. 

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