Im Nordosten von Thailand sind die Bewohner zwar auch gläubige Buddhisten, allerdings haben hier Geister noch einen sehr hohen Stellenwert. In den Dörfern des Isaans stehen vor vielen Anwesen typische Geisterhäuser, manchmal zieren auch bunt geschmückte Geisterbäume die Vorplätze. Meist sollen diese Dinge böse Geister von der Familie fernhalten, manchmal glauben die Menschen jedoch, dass ihnen bestimmte Geister Glück bringen, beispielsweise bei der Lotterie. Im Distrikt Dan Sai, in der Provinz Loei findet vor der Regenzeit das Geister-Festival Phi Ta Khon statt, an welchem die Geister geradezu herbeigerufen werden.
Das Festival basiert auf einer Mischung des buddhistischen Glaubens mit animistischen Einflüssen. Die Grundlage bilden die Jakata Geschichten, dabei handelt es sich um Erzählungen zu den vorangegangenen Leben des Siddhattha Gotama, bevor er zum Buddha wurde. Bevor dieser erwachte, also in seinem vorletzten Leben, war er ein Prinz mit Namen Vessandara.
Der Prinz war bei den Thais außerordentlich beliebt, obgleich er oft zum Übermut neigte. Eines Tages, so die Legende, verlies Prinz Vessandara die Provinz Loei, um eine lange Reise zu unternehmen. Das war nicht weiter schlimm, aber der Prinz hatte sich einen weißen Elefanten als Begleiter ausgesucht, und dies versetzte die Untertanen in Unruhe. Bei den Thais gilt der weiße Elefant als königliches Machtsymbol und heiliges Tier. Die Einheimischen glaubten, dass mit dem Verschwinden des Elefanten, auch das Glück von ihnen weggeht.
Letztendlich wandten sie sich in ihrer Verzweiflung an den König und baten ihn, er möge seinen Sohn zur Heimreise animieren. In der Tat kehrte Prinz Vessandara wenig später zurück und die Menschen organisierten ein großes Freudenfest. Bei dem ging es so geräuschvoll zu, dass selbst die Geister der Toten erwachten und sich der Willkommensparty anschlossen. Das Phi Ta Khon Festival gedenkt alljährlich dem Zusammenkommen der Lebenden mit den Toten. Die Heimkehr von Prinz Vassandara wird jedes Jahr farbenfroh gefeiert und zieht neben zahllosen Einheimischen viele Urlauber aus aller Welt an.
Das Fest erstreckt sich über drei Tage und findet meist im Juni, vor dem Einsetzen der Regenzeit statt. Schauplatz ist der Bezirk Dan Sai, welcher von der Provinzhauptstadt Loei etwa 1.5 Busstunden entfernt ist. Sie sollten vor allem den ersten Tag nicht versäumen, der heißt bei den Thais Wan Ruam, was so viel wie Tag der Versammlung bedeutet.
Vor allem junge Thais verkleiden sich dann mit furchterregenden Masken mit ausgesprochen langen Nasen und Kostümen, die aus bunten Stoffstreifen angefertigt sind. Sie stellen Geister dar, die eine Buddhafigur begleitend, durch die Straßen von Dan Sai ziehen. Sie tun dies ziemlich geräuschvoll und läuten Kuhglocken zu fröhlichen Tänzen. Die Geister treiben auch ihre Scherze mit den Zuschauern, das sollte Sie jedoch nicht beunruhigen, denn die jungen Leute sind nur fröhlich und folgen einer uralten Tradition.
Sie werden beim Besuch des Festivals feststellen, dass die jungen Männer in zwei unterschiedliche Geisterrollen schlüpfen. Zum einen in die Phi Ta Khon Lek, wobei es sich um kleine (Lek) beziehungsweise herkömmliche Geister handelt. Zum anderen gibt es noch die Phi Ta Khon Yai, hier weißt die Endung Yai auf größere Geister in übergeordneter Position hin. Sie erkennen beide Geisterarten an den unterschiedlich angefertigten Masken. Die Phi Yai tragen aus Bambus hergestellte Masken, während die Phi Lek Masken aus getrockneten Reisschalen angefertigt sind. Beide Varianten stellen sowohl weibliche als auch männliche Geister dar.
Diese Masken stammen nicht aus industrieller Fertigung, sondern sind Arbeiten von begabten Menschen aus der Provinz Loei. Der Anfertigung geht eine umfangreiche heilig anmutende Zeremonie voraus, mit der die Teilnehmer den Segen spiritueller Mächte erbitten. Erst danach kann die Arbeit beginnen, sie ist jedoch nur bestimmten Menschen vorbehalten. Diese traditionelle Handwerkskunst wird seit vielen Generationen in erwählten Familien an die Nachkommen weitergegeben. Diese Nachkommen allein stellen die Masken her und das Tragen ist nur ihnen während der Festtage erlaubt. Jede Maske ist ein individuelles Einzelstück, bei welcher die Kreativität und der Innovationsgeist des Herstellenden zum Ausdruck kommen.
Besonderen Spaß hat das Publikum mit den Geistern, die riesige Phallussymbole herumtragen und damit obszöne Gebärden machen. Lassen Sie sich davon bitte nicht irritieren und lachen Sie mit den Einheimischen, auch wenn Ihnen das Szenario etwas ungewöhnlich erscheint. Die Parade verläuft mehrere Stunden durch die Straßen von Dan Sai und ist vor allem für die Kinder ein großes Vergnügen. Nicht selten versuchen sie, sich an dem Treiben zu beteiligen.
Wir empfehlen Ihnen, alle drei Tage des Phi Ta Khon Geisterfestivals zu erleben. Auch am zweiten Tag (dem Bun Bang Fai) findet ein Umzug statt, in dessen Anschluss selbst gemachte Raketen (Bang Fai) gen Himmel geschossen werden. Der Tag wird von Spaß, ausgelassenem Tanz und kollektiver Fröhlichkeit dominiert, Sie sollten sich dieses einmalige Erlebnis nicht entgehen lassen.
Im ganzen Isaan steigen an dem Tag Raketen zum Himmel auf, sie sollen den dringend zur Reispflanzung benötigten Regen bringen. Denn ausbleibende Niederschläge im Juni resultieren oft in einer Katastrophe für die Landbevölkerung. Es finden in Dan Sai zudem viele Wettbewerbe statt, unter anderem wird die beste Geisterverkleidung mit einem Preis honoriert.
Der letzte Tag des Festivals ist ruhiger und hauptsächlich einer spirituellen Angelegenheit gewidmet. Üblicherweise besuchen zahlreiche Einheimische dann das Kloster Wat Ponchai und lauschen den dort lebenden Mönchen. Die tragen ihnen 13 Predigten zu Buddha in einem ausgesprochen stilvollen Ambiente vor.
Dan Sai ist ein verhältnismäßig kleiner Ort, der über das Fest von zahllosen Menschen besucht wird. Die limitierte Anzahl an Unterkünften erfordert unbedingt rechtzeitige Reservierung, wenn Sie erst bei Ihrer Ankunft ein Zimmer suchen, werden Sie mit Sicherheit enttäuscht. Viele Urlauber wählen daher Loei zum Standort und fahren die 80 Kilometer nach Dan Sai mit dem Bus oder Taxi. Alternativ erreichen Sie Dan Sai relativ einfach aus Phetchabun oder Phitsanulok kommend.
Die schnellste Option von Bangkok nach Dan Sai ist das Flugzeug bis Loei und dann weiter mit dem Bus. Wenn die alljährliche Party beendet ist, verlassen die Touristen ebenso den Ort wie die Souvenirhändler. Nach dem großen Aufräumen verfällt Dan Sai wieder in seine eigentliche Rolle als verschlafenes Provinznest im Norden vom Isaan.
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© Autor & Fotograf | Michael Schaller, Gründer von Thailand-Spezialisten.com