Immer wieder liest und hört man von der sogenannten „Lan Na Periode“ Thailands, sei es als Epoche in der Architektur oder auch als Teil der allumfassenden Geschichte. Doch was das Lan Na Königreich eigentlich war, ist vielen unbekannt. Lan Na, das bedeutet „Königreich der Millionen Reisfelder“ und spielt auf die üppige Vegetation des thailändischen Nordens hin. Hauptsächlich konzentrierte sich das Königreich um die Städte Chiang Mai und Chiang Rai, aber auch Lampang und Lamphun waren wichtige Standorte des Königreichs.
Seine Blütezeit hatte das Königreich im 15. Jahrhundert. Unter König Tilokarat wuchs das Reich und erlangte große Macht, doch schon bald geriet Lan Na mitten in die Kämpfe zwischen Birma und Siam und wurde selbst zum Ziel der Angriffe. Es folgte eine Zeit von Konflikten und Eroberungen, bis das Lan Na Königreich endgültig Teil Siams wurde.
Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass der Norden Thailands schon seit prähistorischen Zeiten besiedelt wurde. Überreste aus Siedlungen aus der Bronzezeit wurden zum Beispiel in Phayao und Soppong gefunden.
Im 13. Jahrhundert gründete König Mangrai das Lan Na Königreich und eine Zeit des Wachstums und des Wohlstands folgte. Zuerst ließ er sich eine neue Hauptstadt bauen, Chiang Rai (wo er später auch versterben sollte). Es wird gemunkelt, dass die Stadt eigentlich Chiang Moi (Fußabdruck des Elefanten) heißen sollte, denn der Legende nach soll ihn einer der grauen Riesen zu der Stelle gebracht haben, wo Chiang Rai heute steht.
Weitere Städte wie Fang, Kumkarn und auch Chiang Mai sollten folgten und von hier aus zog König Mangrai weiter Richtung Süden, wo er mithilfe des Lawa Volkes die Stadt Lampung von den Mon-Herrschern einnahm.
Schließlich schloss sich König Mangrai von Lan Na mit König Ramakhamphaeng des Sukhothai-Reiches und König Ngam-Muong des Phayao-Reiches zusammen und sorgte so für Aufschwung und Sicherheit in der Region.
Unter König Mangrais Herrschaft erblühte die Gegend: Es wurden unzählige Tempelanlagen und Städte erbaut und auch die schönen Künste wie Holzschnitzereien und Goldschmieden wurden gefördert. Auch die Landwirtschaft wurde in Schwung gebracht, indem der König jedem Einwohner seines Reiches genug Land zusprach, um selbst Reis anzubauen.
Der Legende nach wurde König Mangrai mit 80 Jahren von einem Blitz getroffen, als er seinen Sohn in Chiang Mai besuchte. Eine Statue markiert auch heute noch die Stelle, an der der König sein Leben ausgehaucht haben soll.
Über die Jahrhunderte schaffte es das Lan Na Reich, sich immer weiter auszubreiten. So wurden zum Beispiel Phayao, Phrae und die Nan eingenommen und man schaffte es erfolgreich, sich gegen diverse Angriffe von Außen – wie durch das Königreich Ayutthaya – zu widersetzen.
Unter König Tilokarat erlebte das Lan Na Königreich seine goldenen Zeiten. Er war nicht nur ein geschickter Feldherr, sondern auch extrem gläubiger Buddhist. Er war es, der es schaffte, 1477 den achten buddhistischen Kongress in Chiang Mai zu organisieren, zu dem Mönche und Gelehrte auch von weither kamen, um die Schriften Buddhas zu diskutieren.
1449 wurde auch das bis dahin unabhängige Königreich Nan von Lan Na in Lan Na integriert. Doch die Blütezeit sollte nicht lange halten: Nachdem der Thailand-Vorgänger Ayutthaya sich das Sukhothai-Reich einverleibt hatte, sollte auch Lan Na bald in die Kämpfe um die Region verwickelt werden.
Als es 1545 zu einem verheerenden Erdbeben in Chiang Mai kam, wurden große Teile der Stadt beschädigt und nur knappe zehn Jahre später wurden sie von den Burmesen angegriffen. Zweihundert Jahre lang sollte das Lan Na Reich unter der Besatzung der Burmesen bleiben, was sich allerdings für die Bevölkerung kaum bemerkbar machte. Auf dem Thron saß ein burmesischer Prinz und das Lan Na Reich musste jährliche Abgaben an die Burmesen machen.
Von hier aus starteten die Burmesen ihren Siegeszug Richtung Süden an, bis es 1767 zu dem legendären Einfall in Ayutthaya kam, bei dem die Stadt und all ihre Prachtbauten, Tempel und Kostbarkeiten fast vollständig zerstört wurden.
Doch das letzte Wort war noch nicht gesprochen, denn Siam eroberte unter König Taksin nicht nur Ayutthaya zurück, sondern weitete sein Gebiet im Gegenteil noch weiter aus. Schon bald hatte Siam nicht nur die zerstörte Stadt von den Burmesen befreit, sondern auch den Führern von Chiang Mai und Lampang dabei geholfen, die Burmesen zurückzudrängen.
Allerdings waren die Könige des Lan Na Reiches ab damals nur noch Provinzfürsten mit nur wenig Macht.
Nachdem König Taksin für verrückt erklärt und exekutiert wurde, verlegte sein Nachfolger Phra Buddha Yod Fa das Zentrum des siamesischen Reiches nach Krung Thep (aus dem später Bangkok entstehen sollte), da man hier von Einfällen der Burmesen sicherer schien. Er war es auch, der dafür sorgte, dass die Rama Dynastie an die Macht kam, die noch bis heute, mit König Bumibhol, Rama IX, über Thailand herrscht. Im frühen Zwanzigsten Jahrhundert wurde Lan Na endgültig Teil des siamesischen Königreichs, welches später zu Thailand werden sollte.
Inmitten Chiang Mais steht die Tempelanlage Wat Chiang Man, die generell als der erste Tempel gilt, der in dem so grazilen Lan Na-Stil erbaut wurde. Der Tempel wurde 1297 an der Stelle erbaut, an der Körnig Mangrai während der Errichtung der Stadt sein Lager aufgeschlagen hatte.
Mit seinem zweistöckigen kubischen Unterbau und der vergoldeten Spitze ist er ein Prachtexemplar für den Lan Na Stil, den man überall im Norden Thailands finden kann. Auch die lebensgroßen Elefantenstatuen, die rund um den Sockel aufgestellt wurden, sind ganz typisch für die Architektur aus der Lan Na Periode, genauso wie die tiefgezogenen Staffeldächer.
Der Tempel ist Heimat für die älteste bekannte Buddhastatue aus dem Lan Na Königreich: Die Statue hält eine Almosenschüssel in der Hand und trägt eine Gravur aus dem Jahr 1465. Und auch die nur 30 cm hohe Phra Sila Statue ist von historischer Bedeutung: Sie soll die Fähigkeit besitzen, es regnen zu lassen – und steht deshalb jedes Jahr im Mittelpunkt der Feierlichkeiten zum Songkran-Fest.
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© Autor & Fotograf | Michael Schaller, Gründer von Thailand-Spezialisten.com